Von den Drangsalen und Nöten im Laufe der Geschichte blieb auch die Ortschaft Mauggen nicht verschont.
Bereits zur Zeit des sog. Landshuter Erbfolgekrieges im Jahre 1422 mit den unseligen Fehden der bayerischen Herzöge wird vom Mordbrennen und von Verwüstungen des Herzogs Ludwig im Gericht Erding berichtet.
So kann den Aufzeichnungen aus dieser Epoche entnommen werden, dass Ludwig von Wasserburg aus in den umliegenden Gebieten der Münchner und Landshuter Herzöge große Verwüstungen angerichtet hat. U. a. lesen wir: „Weiter verwüstete der Hofmeister und der Fraunberger am Pfinztag (Donnerstag) nach Martini die Ortschaften Maucken, Kirchasch und Breitasch sowie zwei ungenannte große Dörfer und einen Weiler alle im Gericht Erding“.
Vor allem aber der 30-jährige Krieg hat auch die Ortschaft Mauggen schwer mitgenommen. 1632 und 1634 verwüsteten die Schweden nicht nur Erding, sondern auch die Umgebung, plünderten die Höfe, zündeten die Häuser an und folterten die Leute.
Die Einwohner flüchteten, teilweise bis über den Inn, die Felder wurden nicht mehr rechtzeitig und ausreichend bestellt, Hungersnöte breiteten sich aus. Zudem brach die Pest aus. Im Volksmund leben die Gräueltaten des Krieges fort. Man erzählt sich, dass die Ortschaft durch die Pest ausgestorben war.
Die Totenbücher der Pfarrei Bockhorn sind aufgrund der Kriegswirren in dieser Zeit nur unzureichend geführt, aber im Sommer des Pestjahres 1634 sind über 300 Todesfälle verzeichnet. Davon allein 28 Seuchentote aus Mauggen. Die Leichen konnte der Pfarrfriedhof Bockhorn nicht mehr fassen, so dass in den Büchern häufig zu lesen ist: „begraben in das Haiderl hinaus“. Das Haiderl war ein ungenutztes Brachland und diente somit als Pestfriedhof. Es befand sich nahe dem heutigen Viechter-Anwesen bei Mauggen und wurde später, um 1803, gerodet, die Grundstücke unter den Ortschaften Emling und Strogn aufgeteilt.
Im Einzelnen sind im Totenbuch der Pfarrei im Jahre 1634 folgende Sterbefälle der Ortschaft Mauggen vermerkt:
18. März Anna 9. April Elisabeth, Puella (Mädchen) 9. Mai Anastasia, Pindermann 27. Mai Katharina, Kampin 5. Juni Kaspar, Wirth 13. Juni Ursula, Pichlmaierin 10. Juli Johannes, Hohmaier, Rauch 2. Aug. Andreas, Kirchmaier 8. Aug. Katharina, Rauch 8. Aug. Maritus, Rauch, Ehemann 9. Aug. Kaspar, Kistler 11. Aug. Georg, Hertter 13. Aug. Georg, Peuntner 28. Aug. Elisabeth, (Bäumerin) 30. Aug. Balthasar, Wenzl 9. Sept. Paulus, Sohn d. Joh. Hohmaier 10. Sept. Paulus, Schreiber 14. Sept. Melchior, Schreiber 16. Sept. Salome, Wenzlin 24. Sept. Simon, Filius, (Sohn) Caspari 25. Sept. Johannes, Pichlmaier 27. Sept. Katharina, Herterin 14. Okt. Catharina, Reiserin 18. Okt. Wolfgang, Pichlmaier 14. Nov. Jakob, Wirt 29. Nov. Joan, Georg, (Schirmaier) 10. Dez. Anna, Schusterin 17. Dez. Melchior, (Kirmaier)
Der Friedhof wurde aber offensichtlich nur für die Seuchentoten in den Pestjahren benutzt. Und so schreibt etwa 170 Jahre später Franz Josef Lethner, Pfarrer in Bockhorn, 1803 in sein Tagebuch:
„Das Haiderl, der Strogener und Emlinger Gemeinde gehörend, wurde in diesem Jahre umgerissen und urbar gemacht, man hat angefangen Haber und Flachs zu bauen. Pfarrer Dr. Josef Brunninger, Benefiziat in Erding und Grünbach, der auch Geometer war, hat die Ausmessung und Verteilung besorgt“.
Da die Rodung bereits vor der ersten amtlichen Grundstücksvermessung um 1810 erfolgte, ist die genaue Lage und Größe dieses ehemaligen Friedhofes heute weitgehend unbekannt.
Dass die Schweden hier waren und auch in späteren Jahrhunderten bei den verschiedensten Kriegsereignissen immer wieder Soldaten durchzogen, beweisen die Taufbücher der Pfarrei. Denn bei den Angaben zu den Vätern der Kinder liest man häufig das Wort „Miles“, was Soldat bedeutet.
Auch die Zeit der Napoleonischen Kriege von etwa 1799 bis 1813 war in unserer Heimat eine drangvolle Zeit mit vielen durchziehenden Soldaten, erheblichen Quartierlasten und damit verbundenen Entbehrungen für die Bevölkerung.
Pfarrer Lethner schreibt in dieser Zeit in seine Tagebücher:
Im Juli 1800 war in Langenpreising ein Lager. Die k. k. Regimenter mähten alle Sorten Getreide weg und lagerten in denselben. Der Pfarrer von Bockhorn musste 17 Offizieren die Kost nach Grünbach schicken. In der Pfarrei geschahen viele Erpressungen und Diebstahl.
Am 11. Juli 1800 drangen die Franzosen von Freising bis Erding vor. Die k. k. Truppen waren auf dem Schiessberg postiert. Sie schlugen die Franzosen mit ihrer Übermacht bis Niederding zurück. In der Pfarrei Bockhorn waren wieder 4000 Mann k. k. Truppen Kavallerie einquartiert. In das Lager bei Mauggen musste der Pfarrer für 4 Offiziere die Kost schicken.
8. Sept. 1800: 2 französische Offiziere quartierten sich über Nacht ein und tranken innerhalb 21 Stunden 10 Maß Wein. Der Kapitän war tüchtig besoffen.
10. Sept. 1800: kam ein französischer Husar besoffen in meinen Pfarrhof, zog etliche Mal seinen Säbel und jagte alle meine Leute aus. Ich war auf dem Felde, der Baumeister holte mich. Ich kam und er ließ es sich mit 2 Bouteillen Wein gutmachen und ritt nach Mauggen. In seinem Hin- und Herweg hat er viele Exzesse gemacht und einige Leute misshandelt.
Am 30. Nov. und 1. Dez war bei Ampfing eine Schlacht. Die Franzosen wurden zurückgedrängt über Dorfen, Taufkirchen und Erding. Der Pfarrer hatte 5 Offiziere, 7 Bediente und 19 Pferde über Nacht. Am 2. Dez. ritten sie über Erding nach München. Österreichische Dragoner kamen von Taufkirchen her. Ein Rittmeister stellte Vorposten gegen Salmannskirchen, Mauggen und Strogn aus. Beim Lager bei Hecken waren von Erding her Kanonen und Gewehrfeuer vernehmbar.
Am 3. Dez. 1800 besiegten die Franzosen die Österreichischen Truppen in der Schlacht bei Hohenlinden.
Am 21. Jan. 1801 musste der Pfarrer 207 fl. Kriegskostenvorschuss zum Landgericht Erding schicken, um die französische Kontribution bezahlen zu können. Alle Bauern, sogar die Dienstboten, mussten bezahlen, am meisten aber sind die Pfarrherrn mitgenommen worden.
1802 am 15. Mai fing es mittags an zu schneien und schneite ununterbrochen bis auf den 16. fort. Der Schnee legte alles Korn, als wenn Bierfässer darübergewälzt worden, denn er lag 1 1/2 Schuh tief, obgleich einige Tage zuvor Hitze war wie im Hochsommer. Das Korn ist das meiste nach drei Tagen bei einem Ostwind wieder aufgestanden. Viel war aber abgebrochen, und wo das Korn am besten fest und dick stand, ist es selbes krumm herausgewachsen und hat wenig gegeben.
1815 den 23. Juli Hagel welcher die Ernte größtenteils vernichtete. Reparatur der im Pfarrhause auf der Westseite eingeschlagenen Fenster 29 fl 45 Xr. Pfarrer musste Getreide kaufen.
1816 Nasser und kalter Sommer, Ernte begann erst 5. August wegen Schauer (Hagel) Getreide stieg ungeheuer im Preise. Weizen 48 fl., Korn 45 fl., Gerste 26 fl., Haber 10 fl. das Schäffel (ca. 150 kg). Ich ließ mir in Moosburg 6 Sch. Erdäpfel für alle Fälle einer Hungersnot a 6 fl. 20 Xr einkaufen und durch den Baumeister herbeiführen, denn ich fürchte, dass ich mit meinem Korn, wenn ich auch bei jedem Gemalter 1 Schäffel Gerste beimischen lasse, nicht ausreichen werde. Künftiges Jahr, im April, Mai, Juni und Juli, wenn die Bauern Korn kaufen müssen, kann die Not erst aufs höchste steigen. Gebe Gott im Jahr 1817 eine gesegnete Ernte, sonst muss der Handwerksmann mit Kindern betteln oder stehlen. Auch die Bienen gedeihen nicht. In meiner Pfarrei sind so viele umgestanden. Ich bekam von 15 Stöcken und Körben nur 1 Schwarm.
1817 11. Januar: Weizen kostet in München 51 fl., Korn 44 fl., Gerste 35 fl., Haber 11 fl., das Schäffel. Mitte Februar fiel der Preis des Getreides erheblich. In Russland war ein fruchtbares Jahr gewesen, und alle Staaten führten von dort Getreide ein.
Am 23. Hornung (Februar) kaufte mein Baumeister 4 Schaff Weizen a 39 fl., 4 Schaff Gerste a 32 fl.
1817 26. Mai: Mein Baumeister kaufte in Erding auf der Schranne 8 Schaff Weizen a 70 fl., Korn kostete 66 fl., die Gerste 35 fl., Haber 20 fl. Es ist traurig, schreiben zu müssen, dass täglich Bauern teils um Samengetreide, teils um Speisegetreide im Pfarrhof kommen, und lass ich in die Schranne fahren, so kommen sie um Geld. Und noch sind 12 Wochen bis zur Ernte. Gott, welche Not wird noch werden?
Soweit ein kleiner Auszug aus den Aufzeichnungen des Bockhorner Pfarrers.
Im Deutschen Krieg 1866 blieb unsere Gegend weitgehend verschont, auch kehrten die beteiligten Soldaten wieder in ihre Heimat zurück.
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 forderte zwei Tote aus der Nachbarortschaft Polzing. Der Seidlsohn Martin Wernhart wurde am 2. Sept. 1870 bei Sedan so schwer verwundet, dass er am 31. Okt. im sächsischen Lazarett bei Doucy verstarb. Georg Zehentner, Kirchmaiersohn von Polzing, fiel am 13. Sept. 1870 in Niederbronn − Elsass.
Kriegsorden Ende des 19. Jh.
In den Jahren 1871 und 1872 grassierten in der Pfarrei Bockhorn die Blattern (Pocken) außerordentlich stark.
Eine hochansteckende Infektionskrankheit mit überwiegend tödlichem Ausgang.
Pfarrer Dr. Filser schreibt 1872 in seiner Chronik:
Wohl eine Folge des Krieges. Namentlich in den Grabschaften Mauggen und Kirchasch sind viele Personen befallen. Die Schule war von Mai bis September geschlossen. Herr Cooperator Michael Huber zeichnete sich durch große Unerschrockenheit aus.
Aus den Totenbüchern der Pfarrei in dieser Zeit ist ersichtlich, dass die Sterbefälle von 40 Personen in Normaljahren auf jeweils über 80 Todesfälle in diesen beiden Jahren anstieg.
Auf den Schlachtfeldern des ersten Weltkrieges 1914 – 18 mussten sieben Väter bzw. Söhne aus Mauggen ihr Leben lassen.
Nach dem verlorenem Krieg − Deutschland war eine Republik geworden − führten Unruhen, Streiks und Geldentwertung zu neuer Not. Zudem entstand 1929 eine Weltwirtschaftskrise. Viele Bauernhöfe, auch in unserer Gegend, kamen in Überschuldung. Sechs Millionen Menschen waren ohne Arbeit. Dies führte zu politischer Unsicherheit und Verwirrung.
Und so mag es nicht verwundern, dass in dieser aussichtslosen Zeit aus der Familie Angermaier, beim Reisermann in Mauggen, vier Söhne, nämlich Anton, geb. 15. Okt. 1887, Josef, geb. 9. März 1890, und Matthias, geb. 3. Okt. 1899, sowie Lorenz, geb. 1. Mai 1902, nach Amerika auswanderten und dort versuchten, eine Existenz aufzubauen, ebenso aus der Familie Ketterl Sohn Josef, geb. 30. Juni 1896.
Im zweiten Weltkrieg 1939 – 45 kehrten neun junge Männer aus der Ortschaft nicht mehr in ihre Heimat zurück und verloren auf verschiedenen Kriegsschauplätzen und Fronten ihr Leben.
Darüber hinaus fielen am 24. Apr. 1944 und 21. März 1945 Bomben der alliierten Streitkräfte auf Mauggen. Drei junge Menschen fanden dabei den Tod.
Am 1. Mai 1945 zogen die Amerikaner in Mauggen ein. Auf den Häusern wehten weiße Fahnen. Das Dorf wurde kampflos übergeben, nur vereinzelt fielen Infanterieschüsse. Die Soldaten nahmen in einigen Höfen Quartier, zogen aber anderntags Mittag wieder weiter. Gestohlen und geplündert wurde nicht. Dafür machten nach Kriegsende umherziehende Banden die Gegend unsicher. So im nahen Bergarn bei den Bauern Jakob Scharl und Michael Altmann Anfang Dezember 1945.
Der große Schriftsteller und Dichter Josef Martin Bauer aus Dorfen war damals Zeitungsreporter und suchte den Bauern Jakob Scharl nach dem Fall auf. Im Münchener Merkur stand folgender Bericht:
Wenn´s sein muß, helfen wir uns selber.
Ein dunkles Kapitel kommt ans Licht:
Am kommenden Montag beginnt vor dem Schwurgericht München ein Prozess, dessen Vorgeschichte nachstehend geschildert wird.
Bergarn liegt bei Erding. Der untere Hof in Bergarn heißt beim Unterbauern und der obere beim Huber. Unten heißen sie Altmann und oben Scharl. Schräg über dem Huberhof steht noch einer. Das ist alles. Und das ist wenig, das sind beängstigend wenig Menschen zu einer Zeit, in der es zur Ordnung der Nacht gehört, dass Maschinenpistolen knallen bei ungebetenen Visiten auf einsamen Bauernhöfen. Mit einem spitzen Keil kommt oben der Wald bis zu den Höfen von Bergarn herein, heute ein Unterschlupf für Raben, die sich Küken aus den Höfen holen, damals Unterschlupf und Aufmarschgelände für dunkles Gelichter, das sich − November 1945 − mit allnächtlichen Überfällen auf solch einsamliegende Höfe recht erfolgreich über trüben Wassern der Zeit hielt. Mehr als ein Bauer hat es damals mit dem Leben gebüßt, dass er sich wehrte gegen die Männer aus dem Wald, die mit einem Feuerüberfall ankündigten, dass sie nun da wären und den Hof auszuräumen wünschten.
Man war verschüchtert in derlei abgelegenen Ortschaften und legte schwere Riegel vor die Türen. Der Huberbauer von Bergarn hatte vor den Rossstallgang eine neue Türe machen lassen, worüber sich der Pole Stefan, der noch während des Krieges lange auf dem Hof gearbeitet hatte und die Örtlichkeiten genau kannte, sehr wunderte, als er in der Nacht zum 28. November 1945 den vier Mann starken Trupp auf diesem Wege ins Haus schleusen helfen wollte. Der Knecht, des Glaubens, es sei im Stall etwas nicht in Ordnung, wunderte sich nicht wenig, als er die Tür aufmachte und bei Licht drei Pistolen auf sich gerichtet sah. Mit heftigem Knall vermochte der Knecht die Tür zuzuschlagen, denn die Räuber waren noch mehr überrascht als er.
Damit aber begann, da es im Handstreich nicht zu schaffen war, die Belagerung des Hofes. Der Bauer holte sich ein Beil, der Knecht bewaffnete sich mit einem Messer, beide bereit, die Räuberschar etwas zu lichten, wenn einer unvorsichtig zum Angriff übergehen sollte. Der erste Angriff, nachdem die Räuber den Fensterstock im Fletz eingeschlagen hatten, misslang. Aber auch die Verteidiger mussten sich, als es aus der Maschinenpistole durchs Fenster rauschte, zurückziehen. Und schließlich gelang der Angriff durch die eingeschlagene hintere Türe. Mit vorgehaltener Waffe wurden Bauer und Knecht gezwungen, sich auf den Boden zu legen und sich ganz still zu verhalten, während die Burschen, die weder Masken trugen noch sonst irgendwelche Versuche gemacht hatten, um unerkenntlich zu sein, alles von Wert zusammenzuraffen: Geld, Kleidung, den Pelzmantel einer evakuierten Frau und ähnliches. An Widerstand war so wenig mehr zu denken, dass die Banditen den Knecht mit vorgehaltener Waffe zwangen, mit ihnen zu gehen und ihnen beim Unterbauern die Örtlichkeiten zu zeigen. Der Huberbauer, von den abziehenden Räubern in die Kammer eingesperrt, damit er den weiteren Ablauf der Dinge nicht störte, konnte die Tür mit dem Brecheisen aufsprengen, lief die Viertelstunde weit bis Bockhorn (Anmerkung.: es war der Unterbauer) und alarmierte dort die Bauern, die zehn Mann hoch loszogen, mit nichts als Spaten und Gabeln bewaffnet, um gegen die schwerbewaffneten Räuber zum Angriff überzugehen. Im Dreißigjährigen Krieg hatten sie es so exerziert gegen die Schweden und Kaiserliche derer und Marodeure und dreihundert Jahre später haben sie eine Szene hingelegt, wie sie Löns nicht spannender geschildert hat. Im Gebüsch zwischen Bockhorn und Bergarn versteckten sich die Bauern, als sie die Räuber mit vier gestohlenen Fahrrädern, die Beute abtransportieren sahen.
„Und mit Hurra sind wir aus dem Gebüsch: Leider mussten wir gegen den Hang angreifen. Darum hat es nicht so recht geklappt“. Die Räder flogen hin, die Räuber flogen drüber, die Banditen liefen aus der Schussweite von Spaten und Mistgabeln und eröffneten das Feuer. Die Bauern ihrerseits gingen neuerdings zum Angriff über. Der Berger von Bockhorn haute seinem Gegner mehrmals die Schaufel auf den Kopf, ohne dass der Eichenschädel darauf reagierte. „Recht viel war mein Leben nicht mehr wert“, meinte er und zeigt, wo ihm die Burschen den Lungenschuss und einen Steckschuss in den Arm verpasst haben. Da packte der Huberbauer − bloß mit dem Messer bewaffnet − den Pistolenschützen an, Jakob gegen Jakob. Jakob Telwak hieß der Bursche. Das weiß man aber noch gar nicht lang, und man hätte es nie erfahren, wenn ihn Jakob Scharl nicht damals markiert hätte. Er schlug ihm die Pistole beiseite, und ging ihn mit dem Messer an, stach zweimal, dreimal gegen die Hüfte des anderen, aber das ging noch nicht durch, denn Jakob, der Ukrainische, hatte Gewand und Mantel des Bauern so dick angezogen, dass er wie in Watte gepackt war. Ehe der Ukrainer noch einmal mit der Pistole zur Abwehr schreiten konnte, im Spiel von Sekunden, stach der Scharl verzweifelt ins Gesicht des Ukrainers und dessen Narben dienen heute als Beweismittel. Als die Bauern nun von neuem zum Angriff vorgingen, holten die Räuber unter Feuerschutz ihren blessierten Kameraden aus dem Getümmel und zogen ohne Beute ab.
Man schob Tag und Nacht Wache, weil man eine Wiederholung des Angriffes gewärtigen musste, der Huberbauer schlief wochenlang nicht mehr im Haus, sondern im Getreidekasten. Man war wehrlos, es gab kein Telefon, die nächste Polizeistation war in Erding, und es gab nur ein Achselzucken, wenn einsame Bauern Schutz ersuchten. Die Bauern von Bergarn aber hatten ihre Ruhe.
Sieben Jahre später steht nun Jakob Telwak, bei neuen Taten ertappt am 16. Juni vor dem Schwurgericht mit den Tätowierungen, die ihm von verteidigungsbereiten Bauern beigebracht wurden.
Die Bauern haben sich gewehrt und sich vor dem Schicksal bewahrt, das zwei Jahre später in Maiszagl dem Fischzüchter Dillmann, seiner Frau, der Magd und dem Knecht bereitet wurde von räubernden Polen: da die Polen sich erkannt glaubten, erschlugen sie nach dem Raub alle vier Leute auf bestialische Weise. Die grauenhafte Bluttat, die dem Mord von Hinterkaifeck nicht viel nachstand, ist im Zwielicht jener Jahre ohne großen Nachhall geblieben. Die Täter wurden verurteilt, sogar zum Tod; denn sie unterstanden nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Aber sie leben heute noch, und nur wenig Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass ihre Namen noch in den Gefangenenlisten eines deutschen Zuchthauses geführt werden. Die von Bauern eingemessene Justiz war wirkungsvoller.
Quelle: Ortschronik Mauggen, 1053-2003, Herausgegeben von der Ortschaft Mauggen im Rahmen der 950-Jahrfeier, im März 2003